Freitag, 27. Februar 2015

Buchpräsentationsmeetup 10.Februar 2015


Es war ein denkwürdiges meetup am 10 Februar dieses Jahres, unsere spy-there zählte 26 TeilnehmerInnen. Obwohl ich stark erkältet war, liess ich mir den Anlass nicht nehmen und pilgerte mit meinem fahrbaren orangen Rucksack voll mit Büchern nach Zureich....
Klaus mit seinem Buch.

Habe hin und her überlegt, wie ich dieses denkwürdige meetup in Form bringen soll, und heute morgen hatte ich den Geistesblitz: Ich schreibe aus dem Blickwinkel eines Spitzels, das wird dem Aktivisten und über Jahre vom Staatsschutz überwachten Miklós Klaus Rózsa, bis heute munter und aktiv, und wie spy wohl zu recht feststellte, ein, wenn nicht DAS „enfant terrible“ der Aktivistenszene in den 80igern in Zürich, wohl am ehesten gerecht.

Protokoll Cafe Gloria, Josefstrasse 59, 8005 Zürich. Dienstag, 10. Februar 2015

18h30. Objekt K.R. sitzt an einem langen Tisch und isst, trinkt ein Bier. Seine Frau S.R. Ist auch da, sitzt an einem Nebentisch. Die Anhänger von K.R. ca. 20, belegen ein Drittel vom Restaurant. Einige sind alte Bekannte. 18H40. Eine vollschlanke ältere Frau tritt ein und begrüsst Objekt.
18H45 eine uns bekannte, E.E. tritt ein und begrüsst K.R. Und setzt sich neben ihn. Sie kennen sich von früher, und es wird diskutiert. 19H20 K.R. Ist fertig mit essen. Es sind 26 Leute seiner da.

19h30 K.R. liest ca. 30 Minuten aus seinem neuen Buch, eine Passage, die die Vorgänge von damals behandeln, die Zeit um den Opernhauskrawall, wo auch das Objekt als Kravallant in vorderster Front mit seiner Kamera mitmischte.
20h K.R. Endet seine Lesung und die Diskussion wird freigegeben. Es wird lebhaft diskutiert, auch darüber, wie die Situation heute für die Jungen ist, die demonstrieren wollen. K.R klagt die Polizei der Willkür an - wie immer. Es sei sogar noch schlimmer geworden als zu seiner Zeit. Heute werden die Jungen, die an einer nicht bewilligten Demonstration teilnehmen, erkennungsdienstlich erfasst und zu einer saftigen Geldbusse verurteilt, gegen die es auch keine Rechtsmittel gibt. K.R beklagt diesen Umstand lautstark, unterstützt von seiner Frau S. R., die durch alle Böden zu ihm hält. Auch regen sie sich immer noch auf wegen dem vor kurzem verlorenen Prozess gegen zwei Polizisten, die sie in ihrer Amtshandlung behindert haben und wo ein Richter der SVP Recht gesprochen hat.
Die anwesenden Kumpane unterstützen die beiden in ihrer Aussage wegen angeblicher Rechtsverdrehung vom Richter. Sie gehen in Berufung, was allgemein beklatscht wird.

21h30 Diskussion wird beendet. K.R. bestellt Rotwein und setzt sich zu einer Frau im Rollsstuhl, wo er von der Dicken, die scheinbar erkältet ist, fotografiert wird. Diese hatte auch schon vorher fotografiert (feststellen wer das ist). Weitere TN neben den schon erwähnten sind: E.M., N.S., F.M., R.P., W.B.(genannt Rolandski), M.F., K.N.K., E.B., J.M. (Freund aus U.) Die notorische M.G., und H.S. Soweit bekannt. Habe Fotos gemacht, die morgen ausgewertet werden.
Protokoll endet 21h45

Tja, es war ein bewegender Abend mit den beiden Rozsas, spannend...Wir bekamen einen Einblick in eine Welt, die wir bequemen Wohlstandskinder in der Regel aus dem Weg gehen......dass es keine Rechtsmittel gibt, sich gegen die Staatsgewalt zu wehren, keine Gerichtsbarkeit, die zur Hilfe käme...ausser, man nimmt viel Geld in die Hand, was die meisten nicht haben, und das auch dann nicht zu einer Rechtssprechung führt, wie die Geschichte von Klaus zeigt. Es sei härter geworden für junge AktivistInnen. Was wir gerne glauben, und klar, auch bedauern.
Selber erinnere ich mich noch gut über die Scharmützel, die die Polizei mit den damaligen Aktivisten/Krawallanten, je nach Lesart, um 1980 in Zürich führte. Einmal im Tram den Limmatquai entlang, das warten musste, bis die brennenden Container zur Seite geräumt wurden - durch Tränengasschwaden in Richtung Central - das blieb haften. Wir stiegen an der Rudolf Brun Brücke aus und sammelten ein paar der Gummigeschosse ein, steinharte sechseckige, ca. 4 oder 5 cm lange Teile, die böse Augenverletzungen verursacht haben.

Nach der offiziellen Diskussion erzähle ich Klaus eine Episode aus dem AJZ von damals, dem Autonomen Jugendzentrum, wo heute ein Busbahnhof angelegt ist und wo ich genau zwei Mal war.
Interessiert, wie es dort aussieht, gehe ich hinein und zur Bar, wo eine hübsche junge dunkelhaarige Frau hinter dem Tresen steht. Kann sein, dass ich ein Bier bestellte, erinnere mich nicht mehr an die Konsumation. An was ich mich jedoch noch genau erinnere, war, was die junge Frau mir erzählte:
Eines schönen Tages fährt der stadtbekannte Dealer mit seinem weissen Rolls Royce vor, „weil er mal sehen wollte, was seine Klienten da so treiben“ (O-Ton der Barfrau). Sie hätten dann die Polizei angerufen und gesagt: „Hey, ER ist jetzt da, kommt ihn holen!“ Und was hat die Polizei am andern Ende der Strippe gesagt? „Ihr braucht uns ja sonst auch nicht.“ Die Polizei kam den Dealer nicht abholen, er konnte ungehindert wieder abfahren. Ende der Durchsage.
Das war zu der Zeit, als unsere erste Bundesrätin laut Tages Anzeiger nicht wusste, mit wem sie mit ihrem Mann, dem Rechtsanwalt, zu Tische sass....seinen Geschäftskollegen, die S-Brüder aus dem Libanon. Diese Aussage machte sie unter Druck, nachdem sie zurücktreten musste, weil sie in einem heimlichen Telefonat ihren Mann warnte, dass eine Untersuchung wegen Geldwäsche gegen ihn im Gange sei. Es waren haarsträubende Zustände...

Das zweite Mal war ich dort, als Jango Edwards einen Gratisauftritt gab. Man sass auf dem nackten Boden, doch Jango beklagte sich später, dass die Leute dort undankbar waren, und er sowas nie mehr machen würde...leider verkannte er die emotionale Stimmung der Leute dort krass, denn die waren ersteinmal sehr sehr wütend wegen der Auseinandersetzungen mit der Staatsgewalt, so dass sie kaum offen waren für die derben Spässe des Clowns;...es freut mich aber zu sehen, dass er heute noch aktiv ist - er war echt wild damals - ob er zahmer geworden ist? Hier ein Foto von ihm:
Jango Edwards in Action;-)

Von uns facebookcrossern waren da: Der Papst, captain_fantasy, manuma, spy-there, MalLisa und unsere Linda (die hoffentlich mal bookcrossererin wird) und etwas später kam. Mit Abwesenheit glänzten: yamori und tarant und Ehrentanz. Lotta_Torkels Freund in besten Jahren hat seinen Kampf gegen den Krebs verloren, wir kondolieren an dieser Stelle herzlich und hoffen, dass sie den Verlust irgendwann so verschmerzt hat, dass sie wieder an eines unserer meetups kommmt. Und unserer lieben Elisabeth ist die virtuelle Welt über dem Kopf zusammengerauscht, sodass sie sich zurückgezogen hat, was wir sehr bedauern.
Fotos der facebookcrossers

Am nächsten Tag hatte MalLisa zu einem Brunch bei ihr geladen, wo ich Gelegenheit hatte, das Buch von Klaus etwas genauer anzuschauen. (er hat die mitgebrachten Ex. alle für Fr. 50.- an den Mann, resp. an die Frau gebracht, insgesamt 7 Stück.)
Anschliessend an den Brunch sind wir in MalLisas neuem alten Ford Mondeo ins Brocki Fahrweid, wo wir Jagd auf Schnäppchen und Bücher (manuma) machten. Als wir wieder draussen vor der Tür waren, kamen wir gerade recht zu einen denkwürdigen Szene: Die dunkelhäutige Verkäuferin befand sich in einer lebhaften Auseinandersetzung mit einem Kunden und dieser rief schliesslich in holperigen Deutsch aus: „Du mir jetzt zuhören, ich bin ein MANN.“ Hahhaha. Wir trollten uns von dannen, nicht ohne zu schmunzeln über das überholte und verzweifelte Argument des guten Mannes, der überhaupt keine Chance hatte gegen die mit natürlicher Autorität ausgestatteten Dame am Verkaufstresen dort.

Am Abend mit ein paar neuen Büchern nach Hause grereist. Nächstes Meetup ist am 10.3.15

Weiterführende Links:
Das Urteil von neulich.
Das Buch Miklós Klaus Rózsa von Christoph Oeschger und Christof Nüssli wurde von der Stiftung Buchkunst als eines der schönsten deutschen Büchern 2014 ernannt ( In der Gruppe: Kunstbüchern, Fotobücher, Ausstellungskataloge / 5 ausgewählte Bücher). Herzlichen Glückwunsch!
crowdfunding für Buch
Am Limmatquai bei den Zunfthäusern um 1980

Mehr zur Rebellion in Zürich
http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/als-in-zuerich-die-jugend-rebellierte-1.5823074
Ein Gummigeschoss
Nachtrag:
Bin bei der Rechere zu diesem Text auf noch ein Buch zum Thema Jugendunruhen in Zürich gestossen, den Fotoband von Olivia Heussler, mit einem Text von Stefan zweifel, den ich hier vollständigkeitshalber einfüge.