Sonntag, 14. Februar 2016

Bücherflohmarkt von Amnesty

Heute Morgen beim Brunch, mit Radio und Zeitung, wird im Radio einmal mehr der exzessive Handykonsum thematisiert und wie die Leute im Zug Privatestes preisgeben, Geschäftsdeals verhandelt, fehlt bloss noch, dass sie einen Sex-Chat abhalten vor aller Leute Ohren....Dazu kam mir folgende Episode in den Sinn: Auf der 
Rückfahrt von Scuol-Tarasp vor ein paar Jahren sitzt ein Deutsches (Ehe-)? Paar zwei Reihen vor mir und er redet ungeniert von einem öffentlichen Auftrag, den er ergattern möchte, es handelt sich um eine grosse Sache, wo viel Geld drin liegt. Und das geht so:
Der Angerufene soll eine Offerte erstellen, die soundso hoch ist, er, der Anrufer würde dann billiger offerieren, und den Profit mit ihm teilen, wenn er den Auftrag erhält. Ich war damals konsterniert, dass so unverfroren über lusche Deals in der Öffentlichkeit verhandelt wurde. Ich war aber die einzige Mitreisende, so dass die sich dachten, die alte Schachtel versteht eh nicht, um was es geht.

Nun möchte ich aber von unserem Ausflug an den Amnesty-Bücherflohmarkt in Friedrichshafen berichten. Ghanescha aka Renate W. schickte via fb die Erinnerung, und wir verabredeten uns auf dem Parkplatz hinter der Fähre in Friedrichshafen. Da ich ihr viele Englische Bücher versprochen hatte, wurde das praktische Rollköfferchen von der Hol & Bring Bücherei von Oberhausen bei Gross-Enzersdorf  in Gebrauch genommen und noch rasch einen Regenschutz aus einem Plastiksack gemacht, denn der Wetterbericht hatte zeitweilig Regen angesagt. 
Mit Bus, Zug, und Fähre und einem zusätzlichen Rucksack (nicht alle Bücher hatten im 
Rollköfferchen platz), dem Regenschirm, ein paar gefüllter Datteln und zwei Äpfeln als Proviant machte ich mich auf den Weg. Im Zug nach St. Gallen war alles voll mit SchülerInnen, das muss was los gewesen sein für sie. Dann in der Fähre noch eine Überraschung: Nur mit Not fand ich einen Sitzplatz im Restaurant, die Leute fuhren einkaufen und an eine Messe. Das Wetter immer noch freundlich.
Das süsse Hundchen auf der Fähre

dito

Dann holte mich Ghanescha ab mit ihrem nagelneuen Renault, und wir luden die Bücher um, bevor es zum Flohmarkt ging. Das Navi lotste uns sicher dorthin zurück, denn sie war schon früh da, um nach Büchern zu stöbern, und die Halle ist riesig. Es seien am Morgen v.a. Buchantiquariate da, die sich eindecken, und als Händler muss man immer früh sein.

Wir setzten uns erst gemütlich hin für einen Kaffee an dem im Geviert aufgestellten Tischen, wo es auch Kuchen und Brezen gab und die Unterschriftenlisten ausgelegt sind.

Ghanescha war wie immer im Schuss, musste wieder heim, nicht ohne nochmals rasch auf die Jagd nach ein paar Minibüchlein zu gehen. Auf mein Klagen, dass ich mich von vielen Büchern trennen müsste wegen Platzmangel, empfahl sie mir, doch einfach kleine Büchlein zu sammeln, was ich von jetzt ab zu befolgen hoffe. Als ich dann aber, nachdem sie sich verabschiedet hatte, auf die Suche machte, waren die guten Vorsätze wieder vergessen. 

Es gab, wie vermutet, viele interessante Bücher, die nicht ganz dem gängigen Geschmack entsprechen, die mir aber sehr gefallen, und die ich einfach einpacken musste. Als sich mein Rollköfferchen gefüllt hatte, musste ich schlicht kapitulieren und Schluss machen. Die Bücher werden nach Gewicht verkauft,  kurzerhand packte ich sie in eine Kartonschachtel, die man so auf die Waage stellen konnte. Dummerweise dachte ich, dass sie das Gewicht aufschreiben, was leider nicht der Fall war, sodass ich jetzt nicht weiss, wieviele Kilos es waren, sie schreiben nur den Betrag auf die Quittung, es waren 23 €, was bei 55 Büchern ca. 42 Cent macht pro Buch.
Der Herr, der das Geld entgegen nahm sagte: „Nun kommen auch schon die Schweizer zu uns.“ Mit der unterlegten Metatext - Botschaft: „Überall, wo es was günstig zu holen gibt, sind die Schweizer zur Stelle.“ Womit er nicht ganz Unrecht hat. Darauf beeile ich mich zu antworten: „ Die Bücher sind alle für Bookcrossing, kennen Sie Bookcrossing?“ Er kennt es nicht und ich erkläre ihm im Eilzugstempo um was es geht. Er tut so, als verstünde er, worum es geht, ich schiebe nach: „Es handelt sich um eine Art modernen Lesezirkel, ist aber internetbasiert…“ Hinter mir wartet schon der nächste Kunde und er meint noch: „bookcrossing.com, das kann ich mir merken, ich guck dann mal…“ Ich noch: „ Das ist alles gratis, die Bücher werden gratis verteilt.“ Seine Aufmerksamkeit erlosch, als er das Wort „gratis“ hörte, weil wohl er von seiner Idee, dass ich da günstig etwas raffen wollte, um es in der Schweiz teuerer zu verkaufen, Abschied nehmen musste…


Im Vordergrund die Tische
Als alle Bücher wieder verstaut waren - wieder hatten nicht alle platz im Rollköfferchen - so dass wieder der Rucksack herhalten musste.  Und - alas - als ich heraus trat, regnete es leicht, und ich freute mich, dass ich den Regenschutz nicht vergebens mitnahm. 
Das Verkaufspersonal.....

..hatte viel zu tun.




Um halb vier kam ein paar Strassen weiter  der Bus (Haltestelle Charlottenstrasse), und der Buschauffeur winkte mich durch, als ich etwas von einem Fahrschein stotterte, schon letztes mal bin ich gratis Bus gefahren, weil offenbar Samstag frei war und offenbar noch immer ist. 
Warten auf den Bus zurück zum Hafen.

Es waren noch gut 40 Minuten bis zur Abfahrt der Fähre zurück nach Romanshorn, so dass noch Zeit war, ein paar Fotos von der Hafenpromenade zu machen. Das Wetter hatte sich gebessert, die Regenwolken verzogen sich gegen Nordosten, und die Abendsonne schien...und die Leute freute es, sie fotografierten und filmten mit ihren Handys, um den wunderschönen Samstag Abend fürs Album zu verewigen, so wie ich auch. Mir gefiel der Alpstein aus der Ferne besonders gut, der sich zusammen mit dem Hohen Kasten im Föhn im allerschönsten Winterkleid zeigt.  

Der Alpstein einmal von weiter her...
Und wieder war die Fähre voll mit Einkaufs- und Messetouristen, und auch das süsse Hundchen war wieder an Bord. Nachdem ein Sessel beim Eingang ergattert war, begann frau gleich, ein Minibüchlein zu lesen, und anstatt die Aussicht zu bewundern, war sie davon derart gefesselt, dass sie es fertig hatte, als das Schiff in den Hafen von Romanshorn einfährt. 

Wie das Büchlein heisst? Es ist von Iwan Bunin und heisst: Ein unbekannter Freund. Mit dem Nahverkehrszug heim. Es ist 17h15, ein wundervoller Tag neigt sich dem Ende zu. wir haben den 11. Juni notiert, dann ist wieder Bücherflohmarkt dort. Und ja, obwohl wir uns nur kurz unterhalten konnten, war es doch nett, Ghanescha wieder einmal in natura zu sehen, und wir hoffen, dass sie ihr Versprechen hält und am 19. Mai im Wien auch ins Café Zartl kommt. 
Unsere Fähre fährt ein.
Die Bücher
Der nächste Flohmarkt
p.s. Vor lauter Bücher und Kaffee und Erzählen und Minibüchlein vergassen wir doch ganz unsere Handys um ein Foto von uns zu machen, was das nächste Mal nach geholt wird ;-)
Alle Fotos wie immer unter: mejane