Es war ein denkwürdiges meetup am 10
Februar dieses Jahres, unsere spy-there zählte 26 TeilnehmerInnen.
Obwohl ich stark erkältet war, liess ich mir den Anlass nicht nehmen
und pilgerte mit meinem fahrbaren orangen Rucksack voll mit Büchern
nach Zureich....
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Klaus mit seinem Buch. |
Habe hin und her überlegt, wie ich
dieses denkwürdige meetup in Form bringen soll, und heute morgen
hatte ich den Geistesblitz: Ich schreibe aus dem Blickwinkel eines
Spitzels, das wird dem Aktivisten und über Jahre vom Staatsschutz
überwachten Miklós Klaus Rózsa, bis heute munter und aktiv, und wie spy wohl
zu recht feststellte, ein, wenn nicht DAS „enfant terrible“ der Aktivistenszene in den
80igern in Zürich, wohl am ehesten gerecht.
Protokoll
Cafe Gloria, Josefstrasse 59, 8005 Zürich. Dienstag, 10. Februar
2015
18h30.
Objekt K.R. sitzt an einem langen Tisch und isst, trinkt ein Bier.
Seine Frau S.R. Ist auch da, sitzt an einem Nebentisch. Die Anhänger
von K.R. ca. 20, belegen ein Drittel vom Restaurant. Einige sind alte
Bekannte. 18H40. Eine vollschlanke ältere Frau tritt ein und
begrüsst Objekt.
18H45
eine uns bekannte, E.E. tritt ein und begrüsst K.R. Und setzt sich
neben ihn. Sie kennen sich von früher, und es wird diskutiert. 19H20 K.R. Ist fertig mit essen. Es sind 26 Leute seiner da.
19h30 K.R. liest ca. 30 Minuten aus seinem neuen Buch, eine Passage, die
die Vorgänge von damals behandeln, die Zeit um den Opernhauskrawall, wo
auch das Objekt als Kravallant in vorderster Front mit seiner Kamera
mitmischte.
20h
K.R. Endet seine Lesung und die Diskussion wird freigegeben. Es wird
lebhaft diskutiert, auch darüber, wie die Situation heute für die
Jungen ist, die demonstrieren wollen. K.R klagt die Polizei der Willkür
an - wie immer. Es sei sogar noch schlimmer geworden als zu seiner
Zeit. Heute werden die Jungen, die an einer nicht bewilligten
Demonstration teilnehmen, erkennungsdienstlich erfasst und zu einer
saftigen Geldbusse verurteilt, gegen die es auch keine Rechtsmittel
gibt. K.R beklagt diesen Umstand lautstark, unterstützt von seiner
Frau S. R., die durch alle Böden zu ihm hält. Auch regen sie sich
immer noch auf wegen dem vor kurzem verlorenen Prozess gegen zwei
Polizisten, die sie in ihrer Amtshandlung behindert haben und wo ein
Richter der SVP Recht gesprochen hat.
Die
anwesenden Kumpane unterstützen die beiden in ihrer Aussage wegen
angeblicher Rechtsverdrehung vom Richter. Sie gehen in Berufung, was
allgemein beklatscht wird.
21h30
Diskussion wird beendet. K.R. bestellt Rotwein und setzt sich zu
einer Frau im Rollsstuhl, wo er von der Dicken, die scheinbar
erkältet ist, fotografiert wird. Diese hatte auch schon vorher
fotografiert (feststellen wer das ist). Weitere TN neben den schon
erwähnten sind: E.M., N.S., F.M., R.P., W.B.(genannt Rolandski),
M.F., K.N.K., E.B., J.M. (Freund aus U.) Die notorische M.G., und
H.S. Soweit bekannt. Habe Fotos gemacht, die morgen ausgewertet werden.
Protokoll
endet 21h45
Tja, es war ein bewegender Abend mit
den beiden Rozsas, spannend...Wir bekamen einen Einblick in eine Welt,
die wir bequemen Wohlstandskinder in der Regel aus dem Weg
gehen......dass es keine Rechtsmittel gibt, sich gegen die
Staatsgewalt zu wehren, keine Gerichtsbarkeit, die zur Hilfe
käme...ausser, man nimmt viel Geld in die Hand, was die meisten
nicht haben, und das auch dann nicht zu einer Rechtssprechung führt,
wie die Geschichte von Klaus zeigt. Es sei härter geworden für
junge AktivistInnen. Was wir gerne glauben, und klar, auch bedauern.
Selber erinnere ich mich noch gut über
die Scharmützel, die die Polizei mit den damaligen
Aktivisten/Krawallanten, je nach Lesart, um 1980 in Zürich führte.
Einmal im Tram den Limmatquai entlang, das warten musste, bis die
brennenden Container zur Seite geräumt wurden - durch
Tränengasschwaden in Richtung Central - das blieb haften. Wir stiegen
an der Rudolf Brun Brücke aus und sammelten ein paar der
Gummigeschosse ein, steinharte sechseckige, ca. 4 oder 5 cm lange
Teile, die böse Augenverletzungen verursacht haben.
Nach der offiziellen Diskussion erzähle
ich Klaus eine Episode aus dem AJZ von damals, dem Autonomen
Jugendzentrum, wo heute ein Busbahnhof angelegt ist und wo ich genau
zwei Mal war.
Interessiert, wie es dort aussieht,
gehe ich hinein und zur Bar, wo eine hübsche junge dunkelhaarige
Frau hinter dem Tresen steht. Kann sein, dass ich ein Bier bestellte,
erinnere mich nicht mehr an die Konsumation. An was ich mich jedoch
noch genau erinnere, war, was die junge Frau mir erzählte:
Eines schönen Tages fährt der
stadtbekannte Dealer mit seinem weissen Rolls Royce vor, „weil er
mal sehen wollte, was seine Klienten da so treiben“ (O-Ton der
Barfrau). Sie hätten dann die Polizei angerufen und gesagt: „Hey,
ER ist jetzt da, kommt ihn holen!“ Und was hat die Polizei am
andern Ende der Strippe gesagt? „Ihr braucht uns ja sonst auch
nicht.“ Die Polizei kam den Dealer nicht abholen, er konnte ungehindert wieder abfahren. Ende der Durchsage.
Das war zu der Zeit, als unsere erste
Bundesrätin laut Tages Anzeiger nicht wusste, mit wem sie mit ihrem
Mann, dem Rechtsanwalt, zu Tische sass....seinen Geschäftskollegen,
die S-Brüder aus dem Libanon.
Diese Aussage machte sie unter Druck,
nachdem sie zurücktreten musste, weil sie in einem heimlichen
Telefonat ihren Mann warnte, dass eine Untersuchung wegen Geldwäsche
gegen ihn im Gange sei. Es waren haarsträubende
Zustände...
Das zweite Mal war ich dort, als Jango Edwards einen Gratisauftritt gab. Man sass auf dem nackten Boden, doch Jango beklagte sich später, dass die Leute dort undankbar waren, und er sowas nie mehr machen würde...leider verkannte er die emotionale Stimmung der Leute dort krass, denn die waren ersteinmal sehr sehr wütend wegen der Auseinandersetzungen mit der Staatsgewalt, so dass sie kaum offen waren für die derben Spässe des Clowns;...es freut mich aber zu sehen, dass er heute noch aktiv ist - er war echt wild damals - ob er zahmer geworden ist? Hier ein Foto von ihm:
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Jango Edwards in Action;-) |
Von uns facebookcrossern waren da: Der Papst, captain_fantasy, manuma, spy-there, MalLisa und unsere Linda (die hoffentlich mal bookcrossererin wird) und etwas später kam. Mit Abwesenheit glänzten: yamori und tarant und Ehrentanz. Lotta_Torkels Freund in besten Jahren hat seinen Kampf gegen den Krebs verloren, wir kondolieren an dieser Stelle herzlich und hoffen, dass sie den Verlust irgendwann so verschmerzt hat, dass sie wieder an eines unserer meetups kommmt. Und unserer lieben Elisabeth ist die virtuelle Welt über dem Kopf zusammengerauscht, sodass sie sich zurückgezogen hat, was wir sehr bedauern.
Am nächsten Tag hatte MalLisa zu einem
Brunch bei ihr geladen, wo ich Gelegenheit hatte, das Buch von Klaus
etwas genauer anzuschauen. (er hat die mitgebrachten Ex. alle für
Fr. 50.- an den Mann, resp. an die Frau gebracht, insgesamt 7
Stück.)
Anschliessend an den Brunch sind wir
in MalLisas neuem alten Ford Mondeo ins Brocki Fahrweid, wo wir Jagd
auf Schnäppchen und Bücher (manuma) machten. Als wir wieder
draussen vor der Tür waren, kamen wir gerade recht zu einen
denkwürdigen Szene: Die dunkelhäutige Verkäuferin befand sich in
einer lebhaften Auseinandersetzung mit einem Kunden und dieser rief
schliesslich in holperigen Deutsch aus: „Du mir jetzt zuhören, ich
bin ein MANN.“ Hahhaha. Wir trollten uns von dannen, nicht ohne zu
schmunzeln über das überholte und verzweifelte Argument des guten
Mannes, der überhaupt keine Chance hatte gegen die mit natürlicher
Autorität ausgestatteten Dame am Verkaufstresen dort.
Am Abend mit ein paar neuen Büchern
nach Hause grereist. Nächstes Meetup ist am 10.3.15
Weiterführende Links:
Das Urteil von neulich.
Das Buch Miklós
Klaus Rózsa
von Christoph Oeschger und Christof Nüssli wurde von der Stiftung
Buchkunst als eines der schönsten deutschen Büchern 2014 ernannt (
In der Gruppe: Kunstbüchern, Fotobücher, Ausstellungskataloge / 5
ausgewählte Bücher). Herzlichen
Glückwunsch!
crowdfunding für Buch
Zum Opernhauskrawall
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Am Limmatquai bei den Zunfthäusern um 1980 |
http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/als-in-zuerich-die-jugend-rebellierte-1.5823074
Wer
von der Polizei verletzt wurde.
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Ein Gummigeschoss |
Nachtrag:
Bin bei der Rechere zu diesem Text auf
noch ein Buch zum Thema Jugendunruhen in Zürich gestossen, den
Fotoband von Olivia Heussler, mit einem Text von Stefan zweifel, den ich hier vollständigkeitshalber einfüge.